21. November 2024

Miesmacher und die Angst vor dem Schreiben

Sie werden sich jetzt sicherlich fragen, was es da zu fürchten gibt. Es sind doch nur Buchstaben auf dem Papier (oder eher dem Bildschirm), ein paar belanglose Worte. Ein paar Sätze, die eine simple Geschichte formen.

Auf den ersten Blick ist das sicherlich so. Doch wer schreibt, tut es in der Regel nicht, weil er den weißen Bildschirm vor sich mit Buchstaben füllen will. Die meisten tun es auch nicht, weil sie als Autor berühmt werden wollen (zumal die Chancen dafür als eher gering einzuschätzen sind). Sie tun es, weil sie etwas zu sagen haben. Weil sie der Welt eine Geschichte erzählen wollen. Vielleicht, weil sie denken, dass die Welt diese Geschichte verdient hat. Vielleicht auch nur, weil sie eine Geschichte in sich tragen, die sie einfach loswerden wollen. Loswerden müssen. Weil sie einen Druck auf der Seele empfinden, der einen Ausweg sucht.

Wenn man beginnt, diese Geschichte in die Welt zu tragen, dann lauscht man in sich, horcht auf das, was die eigene Seele zu erzählen hat. Man gräbt immer tiefer, bis man in Bereiche gelangt, von denen man nicht wusste, dass sie existieren. In Bereiche, die einem selbst Angst machen. Wenn man schreibt, dann gibt man sein Innerstes preis, vor sich selbst ebenso wie vor dem Leser. Wenn man diese Erfahrung einmal gemacht hat, dann fragt man nicht mehr, warum das Schreiben Angst machen kann. Aber man erfährt auch, wie durch das Öffnen dieses Ventils der Druck entweicht und man sich nach dem Niederschreiben befreiter fühlt als je zuvor. Das Schreiben lohnt sich für jeden. Wenn er sich darauf einlässt.

Und was hat das jetzt mit Miesepetern zu tun?

Autoren machen immer wieder die Erfahrung, dass die Menschen um sie herum ihre Tätigkeit gering schätzen. Warum ist das so? Ist es einfach nur Überheblichkeit oder mangelndes Interesse? Oft ist es der Neid, wenn sie feststellen, dass Sie tun, wozu der andere den Mut niemals hatte. Er versucht, Sie herabzuwürdigen, um sich selbst zu bestätigen, dass es niemals Sinn machen würde, sich einem solch anspruchsvollen Hobby zu widmen. Er versucht, Sie von Ihrem Vorhaben abzubringen.

Wenn Sie selbst jemand sind, der manchmal sehnsuchtsvoll vor dem leeren Bildschirm sitzt und sich nicht traut, den ersten Satz zu tippen, dann kann ich nur raten: versuchen Sie es. Lassen Sie sich auf das Abenteuer ein. Lassen Sie den ersten Satz, wie immer er auch lauten mag, aus ihrem Kopf in die Hand fließen. Ihre Seele wird Ihnen zuerst stockend, dann immer flüssiger erzählen, was sie zu sagen hat. Und Sie werden sich gut dabei fühlen.

Wenn Sie selbst jemand sind, der schon einmal zu einem Autor gesagt hat: “Ich weiß nicht, warum du so ein komisches Hobby hast”, dann fragen Sie sich selbst doch einmal: “Beneide ich ihn vielleicht um seinen Mut?”

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